Waisenlamm im Biobetrieb – was tun, wenn das Schaf das Lamm nicht annimmt? 

Lamm ohne Mutter?
Das passiert selbst auf dem besten Hof. Doch im Biobetrieb ist der Umgang damit besonders sensibel. Denn einfach zufüttern oder gleich den Schoppen geben – das ist keine Option.

Wir stehen als Biobauern jedes Jahr wieder vor der Frage: Wie retten wir ein Waisenlamm, ohne gegen unsere Überzeugungen zu handeln?
Hier zeigen wir dir, wie wir es schaffen – mit Herz, Geduld und gelebtem Tierverständnis.

💚 Bio ist kein Kompromiss – sondern Verantwortung

Wir sind während der Lammzeit sehr regelmäßig im Stall, um zu beobachten und so früh wie möglich die gebärenden Muttertiere in eine Einzelbox zu stellen. Denn bei Zwillingsgeburten kann es vorkommen, dass sich ein anderes, noch trächtiges Muttertier plötzlich beglückt fühlt und sich einem der Kleinen annimmt. Die richtige Mutter will dann natürlich nichts mehr von ihm wissen. Die Prägung geschieht blitzschnell. 

Erstgebärende stellen sich manchmal ein wenig sehr unwissend an und müssen kurz gehalten werden, damit das Kleine ans Euter kann. 

Wo geboren wird, wird auch gestorben. Leider sind auch Tierärzte keine Götter, die alle Mittel in der Hand haben, um Tiere zu retten. Das ist immer besonders traurig, wenn ein Kleines da ist und die Mutter an den Folgen der Geburt stirbt.  


In der konventionellen Landwirtschaft werden Waisenlämmer oft sofort mit dem Schoppen aufgezogen. Doch bei uns im Biobetrieb ist das Zufüttern nicht erlaubt. Ausser es ist Bio-Milch....

Unser Ziel: So natürlich wie möglich.
Das heißt: Nicht zu früh eingreifen. Keine Schoppen-Fixierung.


🐑 Schaf lehnt Lamm ab – erste Schritte

Wenn ein Lamm nicht angenommen wird, gilt bei uns:

  • Beobachten statt überreagieren. Manchmal dauert es einfach ein paar Stunden, bis sich die Mutter bindet. Trotzdem braucht es sofort die Biestmilch (Kolostrum).
  • Immer wieder ans Euter ansetzen. Nicht aufgeben, auch wenn sie es wegstößt.
  • Hilfestellung geben: Wir halten das Mutterschaf sanft fest, heben ein Bein hoch, damit das Lamm saugen kann. Ist das Lämmchen sehr schwach melken wir die Mutter sorgfältig an und flössen es dem Kleinen mit einem Becher ein, damit keine falsche Prägung geschieht. 
  • Nicht zu früh mit Schoppen füttern! Sonst bevorzugt das Lamm bald die einfache Lösung – und gibt das Euter auf.
  • Wird eines angenommen und das andere nicht, kann es helfen, das Verstossene mit der Plazenta ein wenig einzureiben, damit es die Mutter hoffentlich (nochmals) ableckt und so die Bindung geschieht.
  • Wir versuchen immer eine Amme zu finden, denn nichts ist besser als die Muttermilch. Das ist aber nicht ganz so einfach. Manchmal gelingt es, dass ein Muttertier das Waisenlamm duldet, wenn sie regelmässig gehalten wird und das Lamm bei ihr säugen kann. Das kann aber gut zwei Wochen dauern.

 

🍼 Wenn es ohne Zufüttern nicht geht

Wir haben dieses Jahr Bio-Schafsmilch zugekauft – teuer, ja.
Aber durch unsere Schaf-Patenschaften konnten wir das finanzieren. Danke an dieser Stelle an unsere Unterstützer*innen! Ich kenne aber auch Landwirte, welche mit Kuhmilch erfolgreich Lämmchen grossziehen. 

Wichtig:

  • Die Milch muss auf 40 Grad aufgewärmt werden.
    Zu kalte Milch kann beim Lamm Koliken verursachen.
  • Nur so viel wie nötig. Zufüttern soll eine Notlösung bleiben, kein Standard. Wir achten immer darauf, dass das Lamm bei einem Muttertier ans Euter kann und so die nötigen Nährstoffe bei ihr kriegt und ergänzen mit der gekauften Milch.
  • Das Lamm braucht in den ersten 24 Stunden Kolostrum und alle 4 Stunden 140ml Milch (besser kürzere Abstände und kleinere Mengen)
  • In den ersten zwei Wochen: alle 4 Stunden 200ml (besser kürzere Abstände und kleinere Mengen)
  • Ab zwei Wochen: langsam auf 500ml viermal täglich erhöhen, besser tagsüber öfters kleinere Portionen, in der Nacht verträgt es nun schon längere Pausen
  • Nach einem Monat: 700ml viermal täglich
  • Nach 5-6 Wochen die Milchmenge reduzieren auf 2x täglich 500ml
  • Wir verwenden die Lämmerflaschen von Kerbl bei Hauptner.ch (mit dem Code schwarznasen10x erhältst du 10%)


Vielerorts werden die Lämmer nach 8 Wochen entwöhnt. Wir finden das zu früh. Bei uns bleiben die Lämmer 6-7 Monate bei ihrer Mutter und werden bis dann auch immer noch gelegentlich gesäugt. 


❗️Warum wir Walliser Schwarznasen nicht melken

Unsere Walliser Schwarznasenschafe sind wunderschön – aber nicht zum Melken geboren.

  • Sie halten nicht still, sie mögen es einfach nicht
  • Und sie produzieren gerade genug Milch für ihr eigenes Lamm

Deshalb: Melken ist bei uns keine Option.
Wir setzen ganz auf das Fördern der natürlichen Mutterbindung – so gut es geht.


🐾 Unsere Haltung: Nähe statt Technik

Ein Waisenlamm großzuziehen ist kein Projekt – es ist eine Beziehung.
Wir setzen auf:

  • Geduld statt Routine
  • Nähe statt Geräte
  • Vertrauen in die Natur – mit sanfter Unterstützung

Denn: Jedes Lamm, das lernt, bei einem echten Schaf zu trinken, hat die besten Chancen auf ein gesundes Leben in der Herde.


💬 Fazit: Bio-Waisenlämmer brauchen mehr als Milch

Sie brauchen Verbindung, Geduld und Kreativität.
Wir hoffen, unsere Tipps helfen dir – ob du Biobauer*in bist oder einfach ein Tierfreund mit Herz.

Und wenn du auch ein Waisenlamm aufziehst: Du bist nicht allein.
Teile gern deine Erfahrungen – oder schick sie uns per Mail. Gemeinsam lernen wir weiter.

Fabienne Truffer


Fabienne Truffer lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Mädchen und einer Herde Schwarznasenschafen in einem kleinen Walliser Bergdörfchen. Entdecke auch ihre Homepage: www.fadenkorb.ch

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