Wässern im Wallis 

Kaum macht es im Frühling ein wenig warm laufen sie an - die Wasserleitungen, auch Suonen genannt. Schon seit jeher gilt das Wallis als sehr trockener Kanton und die Einwohner führen seit Jahrhunderten Gletscherwasser über lange Leitungen (heute noch auf einer Länge von knapp 2000 Kilometern), den Suonen oder Bisses auf die trockenen Wiesen.

Eine kleine Sage dazu:

«Bevor der liebe Gott auf seiner Weltreise die Schweiz verliess, fragte er zum Abschied die Eidgenossen, ob sie noch besondere Bitten an ihn hätten. Natürlich hatten sie das! Die Gletscher seien in den letzten Jahren so stark zurückgegangen, dass jetzt zu wenig Wasser fliesse, um die Fluren grün zu erhalten. Ob er da kein Heilmittel kenne. Der Herrgott wusste sofort Bescheid und meinte: «Das ist doch einfach, da muss gewässert werden! Jetzt, wollt ihr es tun? Dann ist’s recht, wenn nicht, werde ich es selber besorgen müssen!» Diese Rede gefiel allen wohl und sie dankten: «Herr, du hast uns bis jetzt gut behütet, und dir verdanken wir alles, was wir haben. Mach es nur weiter so!» Die Walliser aber blieben allein stumm und sannen und grübelten. In ihrem Argwohn trauten sie dem Vorschlag des Herrn nicht ohne weiteres. Wahrscheinlich kannte Petrus die Walliser schon: Denn er lief schnell hintendurch zu ihnen, gab ihnen einen Schupf und flüsterte: «Lasst doch den Herrn nur machen, er meint es gut mit euch und wird es schon verstehen, er ist ja sozusagen selbst ein Walliser.» Jetzt stutzten diese aber erst recht: «Was, ein Walliser ist er? Aber wie will er denn das Wässern besser verstehen als wir? Nein, nein, wenn dem so ist, wässern wir selbst!» Und so wässert heute in der übrigen Schweiz der liebe Gott, im Wallis aber wässern die Walliser selbst, und ihre Matten verdorren.»

Quelle: Josef Guntern 1978 «Volkserzählungen aus dem Oberwallis»

Wasser genug....

Wasser gäbe es eigentlich genug im Wallis - noch! Die Gletscher sind ein wunderbarer Wasservorrat - leider ein wenig unerreichbar. Mit den Suonen machen sich die Walliser dieses Wasser nutzbar. Das heruntergeführte Wasser wird laufend erwärmt an der Luft, mit Sauerstoff angereichert und trägt erhebliche Mengen von Mineralien und Salzen in sich! Unterwegs geben die Suonen immer wieder Wasser an ihre Umgebung ab und so wächst auch entlang den Leitungen die Natur! Grad bei steilem Gebiet absolut wichtig, da die Begrünung vor Erosion schützt.

Mit dem Rückgang der Landwirtschaft verloren auch die Wasserleitungen an Bedeutung. Zum Glück wurde ihre Wichtigkeit in vielerlei Hinsicht erkannt. Man begann die Suonen instand zu stellen und es gibt nun viele Wanderungen entlang der Suonen!

Kleine Kunstwerke....

Die Erbauer der Suonen achteten von Anfang an darauf, dass der künstliche Wasserlauf möglichst wenig Gefälle aufweist – was dem heutigen Wanderer angenehm entgegenkommt. Um dies zu erreichen waren aber grosse Anstrengungen nötig, denn die Baumeister hatten vieles zu beachten: die landschaftlichen Gegebenheiten, das Mindestgefälle, damit das Wasser einwandfrei fliessen kann, Anfang und Endpunkt der Leitung und selbstverständlich auch die Wasserqualität.

Wasserrechte

Der Bergbauer war und ist immer intensiv mit Wässern beschäftigt. Heute erleichtern zwar Berieselungsanlagen das Wässern, aber dennoch muss die Wasserzufuhr gewartet werden und nach einem genau festgelegten Plan verteilt werden. "Der Wasserkehr" so heisst die Zuteilung des Wässerwassers und hat vielerorts noch heute Gültigkeit. Jeder Geteilen erhält über eine gewisse Zeitperiode das Recht zum Bewässern. Egal ob Sonntag oder Mitten in der Nacht! Wenn du an der Reihe bist heisst es Aufstehen!

Das Recht auf das Wasser geht teilweise auf die ursprünglichen Erbauer der Suone zurück und ist häufig hunderte Jahre alt. Sie können weitervererbt oder auch verkauft werden! Man kann Wasserrechte alleine verkaufen, ohne Grundbesitz oder den Boden mit den Wasserrechten dazu. Früher war jedoch das Wasserrecht auf die betreffenden Wiesen zugeordnet! Wurde die Wiese verkauft gingen die Wasserrechte auch mit! Je nach Region wurde dies unterschiedlich gehandhabt!

Wässerwasser zu stehlen und zu Unrecht zu brauchen war damals ein sehr schlimmes Vergehen! Unzählige Sagen erzählen davon, wie die Wasserfrevler im Aletschgletscher, im eisigen Wasser dafür büssen müssen....! Und noch heute, wird mit Argusaugen darüber gewacht, dass niemand sich das Wasser nimmt, wenn er nicht an der Reihe ist....und wenn es der Betreffende auch grad nicht braucht....kein anderer darf es sich holen...!

Eindrücklich oder? Und noch heute eine Wissenschaft für sich!

Lieben Gruss
Fabienne

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Quelle: Die Reichtümer der Natur im Wallis, Aletsch, eine Landschaft erzählt! Laudo Albrecht, Sammlung Umweltdepartement des Kantons Wallis

Wandel der Organisation und Wasserrechteder Suonen
Eine Fallstudie über die Suonen Dalawasserleitung und Varner Suone, Bachelorarbeit (TRP)
Geographisches Institut der Universität Freiburg , Simona Huber

Fabienne Truffer


Fabienne Truffer lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Mädchen und einer Herde Schwarznasenschafen in einem kleinen Walliser Bergdörfchen. Entdecke auch ihre Homepage: www.fadenkorb.ch

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